Sandkiste in der Kindergruppe Springinkerl 1180 Währing Wien
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Dankbrief einer Springinkerl-Mutter

LIEBE SPRINGINKERL,
(und damit meine ich die Betreuer/innen, Eltern, Kinder, Omas, Opas und andere Abholer/innen und hilfreiche Geister)

Für uns gehen jetzt neun Jahre Springinkerl zu Ende. Je vier Jahre, in denen wir unsere zwei Kinder in eurer Obhut hatten, und ein Jahr, in dem wir dazwischen oft mit euch im Park oder im Bad waren – einfach, weil es so nett war

Acht aktive Kindergruppen-Jahre: Das sind circa 176 Kochdienste, 16 Monats-Waschdienste, ebenso viele Einkaufsdienste, „Ämter“ als Kassier, Schriftführerin, Hausmeister und Kochlistenchefin, mindestens drei langwierige Diskussionen über Suppenwürfel und Zucker im Essen der Kinder, in Folge derer wir uns die Frage stellten: „Warum tun wir uns das eigentlich an?“, einige zwischenmenschliche Mühseligkeiten und einige Elterndienste, nach denen die Hochachtung für die Arbeit der Betreuer/innen bei mir noch weiter stieg.

Und hin und wieder der blöde Kommentar der Kollegen/innen: „Hattest du mal wieder Elternabend in der Kindergruppe?“, wenn ich verkatert im Büro aufgetaucht bin. (JA, natürlich man könnte die monatlichen Elternabende auch in der Kindergruppe bei Wasser und auf Kindersesserln abhalten, aber es hat doch sehr viel Spaß gemacht. 😉

Es wäre noch zu erwähnen, dass die KIGRU eine großartige Unterstützung war, als Pia wegen einer Erkrankung große Einschränkungen beim Essen hatte und dreimal täglich Medizin nehmen musste. Es wäre zu erwähnen, dass sie sich toll entwickelt hat und mit vier Ex-Springinkerln auch im Gymnasium ein tolles Team hat, das die Anforderungen des (Schul)alltags super meistert. Es wäre zu erwähnen, dass auch einige Ex-Springinkerl-Mamas immer noch eine eingeschworene Cafehaus-Runde oder eigentlich so etwas wie eine Eltern-Selbsthilfegruppe sind. Dann könnte man noch die persönlichen Vorteile aller Betreuer/innen hervorheben, und sich mit Tränen der Rührung dran erinnern, wie Paul als Baby-Bruder seine ersten Schritte in der Kindergruppe gemacht und ebendort 5 Jahre später seinen ersten Zahn verloren hat, und und….. Aber mein AHA Erlebnis, das zusammenfasst, warum die Kindergruppe für uns der beste Platz für Pia und Paul waren, hatte ich bei einem Elterndienst.

Ich war damals in Karenz und Pia ein Springinkerl im letzten Jahr. Der neue Betreuer Martin (Vorgänger von Sophie) sollte seinen ersten Arbeitstag antreten. Am Vortag hatte sich Sissi beim Eislaufen mit der KIGRU den Fuß verletzt, wollte aber unbedingt trotzdem – notfalls mit dem Taxi – kommen, um ihn bei den Springinkerln willkommen zu heißen und den Kindern vorzustellen.

Um 7 Uhr Früh läutet das Telefon. Sissi ist dran, sie kann nicht nur nicht in die KIGRU kommen, sie schafft’s nicht mal bis zum Klo. Später fährt sie ins Spital und ein komplizierter Bruch wird diagnostiziert. Kurzum: Irgendjemand muss die KIGRU aufsperren und Martin unterstützen. Ich bin also mit unseren zwei Kindern in die KIGRU gesaust und dort auf einen sehr sympathischen frisch ausgebildeten Kindergärtner getroffen.

Die Kinder haben sich wie üblich benommen, einige haben gemalt, andere etwas angehört, ein paar sind im Esszimmer verschwunden und ein paar Mädels haben sich mit Verkleide-Utensilien im „Badezimmer“ zurückgezogen und ebenfalls die Tür zugemacht. Martin hat auf die beiden geschlossenen Türen geschaut und fassungslos gefragt „Dürfen die denn das?“ Ich muss wohl ebenso fassungslos geschaut haben, denn er hat erklärt: „Bei den Praktika in der Ausbildung haben sie uns immer wieder gesagt, dass kein Kind den Raum verlassen darf und Türen dürfen sie auch nicht zumachen. Wir müssen sie ja beaufsichtigen, wenn wir die Verantwortung tragen“ In dem Moment habe ich endgültig begriffen, was wir an der Kindergruppe haben: Unsere Kinder dürfen dort forschen und entdecken, sie dürfen selbst bestimmen, was sie tun wollen oder nicht und vor allen Dingen: Sie können ihre Freiheit genießen und es wird ihnen Vertrauen entgegengebracht, an dem sie wachsen können.

Klar, es kann daher nicht immer lückenlos geklärt werden, wer wen gebissen hat, wer wen zu Unfug angestiftet hat, aber so ist das Leben, oder?

Danke, dass unsere beiden Kinder Springinkerl sein durften.

Wien, im Juli 2014

Abschiedsrede eines Springinkerl-Papas

ES WAR EINMAL IM SPRINGINKERL …

Es gibt viele Prädikate, die uns zur Kindergruppe Springinkerl rückblickend einfallen. Allen voran steht vielleicht das Wort „grauenhaft“. Das entspricht wohl am ehesten jenen ersten Impressionen, die Eltern befallen, in dem Augenblick, als sie die Räumlichkeiten in Wien 18 betreten. Was, hier? In einem Gemeindebau-Schlupfloch, das auf den ersten Blick den Charme einer rumänischen Werkskantine besitzt? Unser Kind, in diesem Ambiente?

Man könnte sich leid tun als Mama und Papa, die natürlich nur das Beste für Mädi und Bubi wollen und sich fragen: Welcher Koffer war das eigentlich, der uns das empfohlen hat? Man könnte aber in gleichem Maße darüber nachdenken, was in unserem Leben dazu geführt hat, dass wir den Fokus auf das Wesentliche gar so leicht aus den Augen verlieren, nur weil 60 Quadratmeter Raum nicht sofort unseren Vorstellungen von heiler Welt entsprechen (Anmerkung vom Webmaster: In Wirklichkeit sind es 93,9 Quadratmeter…).

Entscheidend ist schließlich, was auf diesen 60 Quadratmetern passiert. Und dass wir in all den Jahren von unseren Kindern niemals Sätze vernommen haben wie „Mami, ich würde mir in der Kindergruppe wirklich ein paar Jugendstil-Elemente wünschen“ oder „Papi, warum haben wir im Springinkerl keine Terrasse mit Terrakotta-Fliesen?“

Es liegt also der Schluss nahe, dass für Kinder wichtig ist, dass sie glücklich sind, und nicht, wo sie glücklich sind. Und dass ihnen zur und in der Kindergruppe viel einfällt, aber wohl kaum das Wort „grauenhaft“. Was dazu führt, dass wir rückblickend das „grauenhaft“ einfach ersetzen. Durch, sagen wir, „wunderbar“.

Und genau das perlt aus uns heraus, immer dann, wenn wir gefragt werden, wie es sich denn eigentlich in so einer, wie heißt das, Kindergruppe abspielt. Reflexartig preisen wir das System der Elternverwaltung, die Vorteile der kleinen Gruppe, die Möglichkeiten des außergewöhnlichen Programms. Und wir schütteln die Schlagworte nur so aus dem Ärmel: Demokratie. Soziale Entwicklung. Familiensinn. Alternative. Oder wir machen uns mit der außergewöhnlichen Freizeit-Dichte wichtig und geben gesellschaftlich arrogant im Stakkato-Stil an: Pötzi, Hallenbad, Freibad, Kindermuseum, Theater, Turnsaal, und so weiter, und so fort, und so fröhlich.

Aber. Aber. Aber. Was wäre das tollste Modell, hätten die falschen Menschen die Fäden in der Hand? Was bliebe von einem Lebensgefühl, entspräche das Image eines öko-links-liberalen Birkenstock-Vereins womöglich der Wahrheit? Was hätten wir davon, würden unsere Kinder lediglich groß mit den Weisheiten: Nur Tofu stärkt den Geist! Oder: Stoppt den Gelsen-Mord! Oder: Regeln sind Pfui Gack!

Nichts. Wir hätten nur unser Fixplatzerl im Narreneck. Mitsamt unseren verzogenen Gschrappen.

Statt dessen wähnen wir uns in der Gewissheit, dass wir es mit dem Schicksal Springinkerl besser als die meisten anderen erwischt haben. Dass unsere Kinder Teil einer Welt sind, die um diesen erwähnenswerten Hauch dynamischer rotiert. Dass wir einen Kinder-Kosmos gefunden haben, den Eltern im Normalfall gar nicht suchen. Und dabei empfinden wir in der Verantwortung für unsere lieben Kleinen einiges: Zum Beispiel Dankbarkeit.

Und die hat sogar einen Namen. Besser gesagt: vier Namen.

Sissi, Christine, Cecilia, Ilias. (Anmerkung vom Webmaster: Derzeit drei Namen: Sissi, Christine, Sophie)

Ein vierblättriges Kleeblatt, überflüssig zu erklären, was das für Kinder und Eltern bedeutet. Entscheidend ist, was das Quartett zu geben vermochte und uneingeschränkt vermag: Engagement, Leidenschaft und Herz. Gemischt mit Sensibilität, Kreativität und Emotion. Im allerbesten Sinn.

Und was bei den Kindern am Ende einer Zeit zurückbleibt, ist wohl die immerwährende Erinnerung: An Zuneigung, Geborgenheit und Stärkung. An Abenteuer, Spaß und Freiheit.

Liebe Sissi. liebe Christine, liebe Cecilia, lieber Ilias: Wir haben Euch unsere kostbaren Schätze über viele, viele Jahre anvertraut. Und ihr habt sie – auch in schweren Zeiten – mit eurer ganzen kraftvollen Behutsamkeit auch als solche behandelt, geführt und ihnen zu einer Entwicklung verholfen, deren Wert von jenem dauerhaften Glanz sein wird, den wir alle erst viel später so richtig begreifen werden.

Die Springinkerl-Kinder waren und sind in der Tat etwas Besonderes. Dahinter steckt harte Arbeit, die aber niemals aussieht, als wäre sie das. Wie es eben ist, wenn ein Beruf zur Berufung wird. Das verdient nicht nur Dankbarkeit, sondern auch Respekt und Bewunderung.

Seid Euch sicher, ihr fantastischen Vier, dass wir all das – die vielen Springinkerl-Mosaiksteinchen im Bild des Lebens – nie vergessen werden. Fühlt euch von Herzen umarmt. Für immer.